Presseerklärung zur „Neuen Straßenreinigungssatzung“
19.12.2015
„Was denn nun?“
Da gibt die Landeshauptstadt Wiesbaden viel Geld aus, um „Leitlinien Bürgerbeteiligung“ zu erarbeiten. „Bürger.Macht.Mit“ lautet das Motto. Hört sich doch gut an, oder? Das Prinzip ist allerdings nicht so ganz neu. Wir haben keine Ahnung, ob das den Prozess begleitende empirica-Institut früher auch die Bundeswehr betreut hat und dort für den Slogan „Wir.Dienen.Deutschland“ verantwortlich war, aber die Ähnlichkeit ist schon verblüffend.
Parallel dazu trieben das Dezernat für Ordnung, Bürgerservice und Grünflächen und die Entsorgungsbetriebe (ELW) in den Amtsstuben ein Projekt voran, das Bürgerinnen und Bürger nun wirklich direkt betrifft, nämlich die neue Straßenreinigungssatzung. Mitte November trafen die Unterlagen bei den Ortsbeiräten ein mit der Aufforderung, über die Vorlage in der nächsten Sitzung abschließend zu beraten, da für Anfang 2016 die Einführung der ersten Stufe bereits fest eingeplant war. Eine wirkliche Einarbeitung in die komplexe Materie war aber so schnell kaum möglich, und von einer echten Transparenz bei den Unterlagen konnte auch keine Rede sein. Selbst ELW-Mitarbeiter machten bei Rückfragen gelegentlich einen hilf- und ahnungslosen Eindruck, weil sie von einem Ortsbeirats-Termin zum nächsten hetzen mussten und sich vorher gar nicht auf die Situation vor Ort richtig einstellen konnten (Wo sind wir gerade, in Schierstein? Was war denn da noch Sache?).
Also kann man eigentlich bereits bei den Ortsbeiräten davon sprechen, dass sie nicht angemessen und mit ausreichendem Vorlauf beteiligt wurden. Meistens völlig zum Scheitern verurteilt war dann natürlich die Idee, noch Bürgerinnen und Bürger mit ihren Kenntnissen der lokalen Gegebenheiten in die Entscheidungsfindung einzubinden. „Bürger.Macht.Mit“ spielte keine Rolle, obwohl sich gerade dieses Thema dafür sehr angeboten hätte. Stattdessen durfte man, um noch mal auf die obige Parallele beim Motto zurückzukommen, eher den Eindruck gewinnen, dass eine zur Bundeswehr passende Entscheidungsstruktur „von oben nach unten“ durchgesetzt wurde.
Um das Ganze auch noch einmal konkret am Beispiel der örtlichen Situation in Wiesbaden-Schierstein zu beleuchten:
Das Gesamtpaket enthält 40 Änderungen für unseren Stadtteil. Dabei sollen beispielsweise 17 Straßen, die bislang von den Anliegern gereinigt wurden und damit gebührenfrei waren, gleich in Reinigungsklasse A 2 (Reinigung von Fahrbahn und Bürgersteig zwei Mal pro Woche durch die städtischen Entsorgungsbetriebe) angehoben werden. Das mag vereinzelt, etwa am Hafen, sinnvoll sein, nach unserer Auffassung aber beispielsweise nicht in Schierstein-Nord. Auch die völlig unterschiedliche Einstufung ähnlicher Straßen konnten die anwesenden ELW-Vertreter dem Ortsbeirat in seiner letzten Sitzung nicht plausibel erklären. Da mussten schon mal Buslinien herhalten, die es gar nicht gibt.
Um es ganz deutlich zu sagen: Die Schiersteiner Grünen und der gesamte Ortsbeirat sind nicht gegen eine neue Straßenreinigungssystematik. Sie ist längst überfällig. Wir haben bereits vor Jahren mit Prof. Pös als damals zuständigem Dezernenten eine Informationsveranstaltung erlebt, bei der eine sicher nicht ganz billige Studie zum Thema vorgestellt wurde, die aber nach unserer Einschätzung ihr Geld nicht wert war. Da hat wahrscheinlich irgend ein Instititut nicht schlecht an einem nutzlosen Papier verdient, das dann abgeheftet oder entsorgt wurde. Im Vergleich dazu ist der neue Entwurf ein Fortschritt, eine Diskussionsgrundlage. Aber es ist schlechter Stil, ein so komplexes Werk mit der „Merkel-Bemerkung“ durchzupeitschen, die zugehörige Bewertungsmatrix sei „alternativlos“, weil objektiv und wissenschaftlich fundiert.
Diese Matrix ist unter (der inzwischen nicht mehr verfügbaren Internetadresse)
wiesbaden-wird-sauberer.de
für alle einzusehen, besteht dabei aus einer Excel-Tabelle mit rund fünfzig Spalten und einer Zeile für jede Straße. Damit die Transparenz nicht übertrieben wird, sind die einzelnen Zellen der Tabelle allerdings geschützt, die Berechnungsformeln sind also nicht wirklich nachvollbar.
Weitere Informationen zum Thema „Neue Straßenreinigungssatzung (Pläne und Konsequenzen für Schierstein)“ finden Sie bei Interesse auch unter
www.gruene-schierstein.de/info/reinigung.htm
Dort gibt es auch den Beschluss des Ortsbeirats zum Thema.